Gitarrenlieder zum Üben

Welche Lieder sind geeignet?

Foto: www.gratisography.com
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Anfrage eines Schülers:

Welchen Song soll ich lernen?

Antwort des Lehrers:

Im Prinzip ist es egal. Aber du musst ihn lieben. Und er sollte akustisch sein. Und kein HipHop, Jazz oder Heavy-Metal. Und du solltest einen Lehrer haben, der ihn dir so arrangiert, dass du ihn auch lernen kannst.

Alles andere stimmt.

 

Welches Lied du lernst, entscheidet oft genug über deine Erfolge beim Gitarrelernen und auch darüber, ob du den Unterricht weiter machst oder aufhörst. Deshalb sollte sich jeder, der Gitarrenunterricht nimmt oder nehmen möchte, über die Sache mit den Songs bescheid wissen…

Egal! Spass und Leidenschaft sind wichtig, nicht mehr…

Oft werde ich gefragt, welches Lied ich so zum Üben empfehle oder welche Lieder sich besonders eignen, um Gitarre zu erlernen. Meine Meinung: Eigentlich egal. Wichtig ist erstmal, dass es dir gefällt und dass du richtig Bock drauf hast diesen einen Song nachzuspielen. Und dass es dir Freude bereitet, die Melodie zu summen, das Lied zu spielen, die Akkorde in dieser Reihenfolge zu greifen und das Gespielte und Gesungene zu hören.

Jedes Stück ist lernbar! Ich halte es erstmal für ein Gerücht, dass es Lieder geben soll, die für Anfänger zu schwierig zu erlernen sind. Erstens kann man (fast) jedes Lied umschreiben, sodass es den Fähigkeiten des Schülers entspricht; sowohl in der Tonart als auch im Schwierigkeitsgrad. Außerdem muss es ja nicht gleich das superschwere und wahnsinnig schnelle Hammersolo sein. Der Song zählt. Und der hat immer eine Struktur (z.B. Strophe - Refrain - Strophe - Bridge - Refrain), eine Melodie, Harmonien und einen Rhythmus. Punkt. 

Euer Lehrer sollte es schon hinbekommen die Struktur zu erkennen und sie Euch mundgerecht zu servieren. Und zwar bei jedem Lied. 

Wichtig sind nur deine Begeisterung für die Musik im Allgemeinen, deine Lust auf das eine Lied im Besonderen und dein Spass daran, dieses Stück zu spielen (lernen)!

…AUSSER VIELLEICHT HIPHOP, JAZZ UND METAL…

Also: Eigentlich geht jeder Song. Meiner Meinung nach gibts nur ein paar Einschränkungen. Die haben aber eher etwas mit dem Können und der dementsprechenden Umsetzbarkeit und Machbarkeit zu tun und sind auch nur Erfahrungswerte. Im Einzelfall muss sich dein Lehrer immer mit deinem Wunsch auseinandersetzen und dann gemeinsam mit dir eine Entscheidung treffen.

So ist es, meiner Erfahrung nach, für Gitarrenschüler, die akustische Gitarre lernen wollen, besser (insbesondere am Anfang!) keine Lieder zum Nachspielen auszuwählen, die aus den Genres HipHop, Jazz oder Heavy-Metal kommen.

HipHop ist durch Sprechgesang geprägt. Es ist wirklich sehr schwer, diese Gesangstechnik mit dem Erlernen eines neuen Instruments und den dazugehörigen musikalischen Fertigkeiten gleichzeitig auszuüben. Außerdem lebt HipHop auch meistens von tragenden schweren Basslinien und ausgeprägten Rhythmen durch Schlaginstrumente, die dem Gitarrenschüler beim Erlernen des Stückes dann oft fehlen. Das wird schnell frustrierend. (Eine tolle Ausnahme bildet das Stück "Hey Ya" von Outkast, das von Obadiah Parker hervorragend für Gitarre/Gesang arrangiert wurde.)

Beim Jazz werden meistens komplexere (und damit für Anfänger schwierigere) Akkorde eingesetzt, die für die Harmonie der Musikstücke sehr wichtig sind. Jazz ist auf jeden Fall großartig, aber bei Anfängern, aus meiner Sicht, nicht zu empfehlen, weil es sowohl am praktischen Können als auch am theoretischen Wissen und der Umsetzung fehlt.

Im Gegensatz zum Jazz sind Heavy-Metal-Stücke vom Prinzip her einfach aufgebaut und unterscheiden sich wenig bis gar nicht von Volksmusik, Pop oder Charts-Hits. Allerdings ist auch hier die Instrumentalisierung und der Sound (wie beim HipHop) sehr wichtig. Wenn du ein Metal-Stück einüben willst (Hallo, wir reden hier von Akustikgitarre und einem Menschen, der dazu singt), dann mach dir klar, dass sich das immer sehr (!) von dem Original unterscheiden wird. Wenn du darauf Bock hast und dir das unmissverständlich klar ist, dann los. Ansonsten lass es und nimm lieber ein anderes Lied...

Und was ist dann am besten?

Foto: www.unsplash.com
Foto: www.unsplash.com

Wie gesagt, ich plädiere für Leidenschaft und Spaß! Welches Lied du spielen willst entscheidest letztendlich Du! Ich als Lehrer kann dir zwar Angebote machen, aber du willst das Instrument lernen und solltest es gerne tun und Freude dabei haben.

Wenn du dich dann für ein Stück entschieden hast, höre es! Und zwar öfter als du willst! Viel öfter! Ich sage meinen Schülern immer, dass sie das Stück in einer Woche mindestens 200 mal hören müssen. Den genauen Hintergrund werde ich in einem andern Artikel beleuchten, nur soviel: Durch das intensive Hören wirst du sehr schnell sehr viel besser spielen können! Außerdem ist es wichtig, dass du das Lied "überhörst", also deutlich öfter hörst als du es "magst". Erst dann verlässt du die "Fan"- oder "Konsumenten"-Ebene und kannst es mit den Ohren eines Musikers hören. 

Kriterien für gute Lernlieder? 

Ich habe die Erfahrung gemacht, dass die Originalversionen oft nicht so gut geeignet sind, um sie auf der Akustikgitarre nachzuspielen. Allerdings kannst du auf YouTube meistens eine "unplugged" oder "acoustic" Version der Originalkünstler oder eine gute Coverversion finden. (Gib dir ein bisschen Mühe... lohnt sich!). 

Der Vorteil, neben der umsetzbaren Arrangements, ist die Tatsache, dass es deinem Lehrer (und ja vielleicht auch bald dir) möglich ist, die Akkorde einfacher herauszuhören als bei einer Studioversion. Das erleichtert das Nachspielen doch sehr.

Nun fragst du sicher: Wieso raushören? Es gibt doch überall TABS zum downloaden und Tutorials zum anschauen??

TABS, Noten und Tutorials…

Nun: Meine Erfahrung mit Tutorial-Videos, Noten und TABS ist: Die stimmen NIE! Als Anregung taugen sie, aber richtig sind sie am Ende doch irgendwie nicht. Und wenn die TABS dann sehr genau (oder besser gesagt sehr kompliziert und komplex) sind, zwängen sie den unerfahrenen Gitarristen zu sehr ein und lassen zu wenig Spielraum für eigene Interpretationen und vor allem für FEHLER... ja! Ich bin überzeugt, dass es sehr wichtig ist, schon am Anfang des Lernprozesses Fehler machen zu dürfen und diese Fehler zu nutzen. Dazu jedoch in einem späteren Artikel mehr. 

Deshalb ist es sehr wichtig, vorgefertigte TABS (die hier beispielweise) oder Noten NICHT "einfach" zu nehmen und dem How-To-Video (von dem hier zum Beispiel) nicht blind zu vertrauen! Dein Lehrer sollte das Lied in seiner Struktur, mit Harmonien, Text und Rhythmus selbst aufschreiben oder zumindest anhand von Aufnahmen die vorhandenen TABS oder Notenvorlagen genau überprüfen. Dieses Vorgehen gilt natürlich auch und erst recht für die unzähligen How-To-Videos und Tutorials. (Das sind alles tolle Kollegen (auch der hier zum Beispiel), die viel Arbeit und Mühe investiert haben und teilweise wirklich gut (s. Beispiele) sind. Auch verraten die Tricks und Kniffe. Aber es sind auch nur Menschen, die Fehler machen. Nicht alles, was sie machen erklären sie auch. Und vor allem zeigen sie individuell und auf ihre Art das Lied. Das muss aber nicht unbedingt Deine Art sein. Vielleicht kannst du bestimmte Techniken noch gar nicht oder willst das Lied lieber anders interpretieren oder brauchst den Song für deine Band oder du kannst nicht so hoch singen oder du willst lieber mehr Fingerpicking oder weniger oder...)

Also: Anregung ja, aber stimmt das wirklich? Oder geht das/klingt das eigentlich anders? Und wenn ja, wie…? (Das sollte unbedingt ein wichtiges Kriterium für einen guten Lehrer sein…mal so nebenbei

Anregungen und Beispiele…

Foto: TJPhotography
Foto: TJPhotography

Ein paar Lieder, die in meiner Praxis als Gitarrenlehrer gut funktionieren und funktioniert haben verlinke ich dir hier.

Alle Songs sind entweder spezielle Acoustic-Versionen oder gut gemachte Acoustic-Coverversionen.

Schreib doch als Kommentar unter diesen Text, welche Lieder du gerne machen würdest oder wie du diese hier findest:

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Kommentare: 3
  • #1

    Antje Aly (Freitag, 06 Februar 2015 13:46)

    Ich liebe Jazz und versuche mich immer wieder mit "Girl from Ipanema"
    am Bass wohl gemerkt oder den Rhythmus von take five oder all of me ! Ich kann mir da so gut den rhythmus und die Melodie merken, leider bin ich keine begnadete Musikerin, aber ich bleibe nur für mich dran!
    LG
    Antje

  • #2

    A-Gitarrist (Mittwoch, 13 April 2016)

    Ich spiele Gitarre auch selbst und kann sicher sagen: Youtube und online Tutorials sind sehr hilfreich, um Gitarre spielen zu lernen.

  • #3

    Helena (Montag, 03 Oktober 2016 16:54)

    Gute Anregungen! Auch ich finde es wichtig, dass man Songs spielt, an denen man Freude hat und die man gerne hört - so bleibt man auch dabei und lässt das Üben nicht schleifen.



ulf hartmann Musiker Livemusik Singer Songwriter Braunschweig
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